Fisch oder Flasche?
Ein paar Gedanken zu einem, zugegeben, leidigen Thema:
Die Menge an Output wird mehr und mehr von einer tröpfelnden Quelle zu einem reissend Fluss, der alle Hörer der elektronischen Musik mit sich reisst und in ein Meer von Musik schwemmt, in dem man sich gerade noch so, mit viel paddeln, über Wasser halten kann. Die Kunst des anspruchsvollen Hörers ist es nun, einen Fisch von einem im Meer zuhauf herum schwimmenden Plastikstück zu unterscheiden. Das führt dazu, dass Ansprüche steigen und die Musik mit der Zeit gar nicht mehr genug Independent sein kann.
Ansprüche führen dazu, dass wir uns vertieft mit dem was wir mögen auseinandersetzen, wir entwickeln Vorlieben und achten auf Feinheiten, die uns besonders zusagen. So können wir mit der Zeit immer genauer definieren, was uns, und aus welchen Gründen, gefällt.
Jeder kennt's, man stösst auf ein Stück Musik und es haut einen um, man ist begeistert und würde es am liebsten jedem auf die Pinnwand posten. Um seine Social Media Kontakte nicht zu vergraulen, entscheidet man sich dann aber es erst mal einem Freund, einer Freundin vorzuspielen. Die Reaktion auf das Stück bleibt einem leider meist nicht erspart. Denn ein Begeistertes "ist schon okay, aber.." reicht meist aus, dass man aus der Euphorie-Wolke fällt und den harten Boden küsst. Es schmerzt, denn der eigene Geschmack wurde angegriffen und wir egomanischen Menschen müssen uns dann auch noch beleidigt fühlen. Trotzig wird der Freund oder die Freundin dann als ahnungsloser Banause abgestempelt. - Dieses Szenario erlebt der Musiknerd genauso wie der Durchschnitts-Musikhörer.
Haben wir nun das Recht, über den Geschmack, der so tief mit unserer Persönlichkeit verbunden ist, zu urteilen? Ich sage Nein. Ich bin überzeugt, dass jemand, der eine Meinung oder den Geschmack als schlecht oder falsch abstempelt, selbst ein Banause ist.
Es braucht verständliche Argumente, um der Frage nach gut oder schlecht auf den Grund zu gehen. Da das persönliche Empfinden ausschlaggebend für den Erfolg von Musik ist, muss dieses für eine objektive Beurteilung ausser Acht gelassen werden. Um über Musik zu urteilen, müssen Kriterien definiert werden, mithilfe deren man dann über die Auf- oder Abwertung bestimmen kann. So können beispielsweise Aussagen über die Qualität gemacht werden oder das musikalische Können eines Musikers. Wobei auch hier wieder die Gewichtung auf die eigene Auffassung ankommt.
Über gut oder schlecht zu befinden ist demnach nicht oder kaum möglich. Jeder hat seine persönliche Wahrnehmung, Vorlieben und lässt sich durch unterschiedliche Faktoren beeinflussen. Jedoch gelingt es denen, die sich mit der Musik, dem Künstler, dem Label und der dazugehörigen Geschichte befasst, eher einen Fisch von einer Plastikflasche zu unterscheiden.