«Ich dachte, Stephan wolle mich linken!»
Im Interview mit BOOST verraten Rhode & Brown wie sie produzieren, ihre Einflüsse und wie sie sich wegen eines misslungenen Deals kennengelernt haben.
Let's Play House, Public Possession, Gomma, Toy Tonics: Die Namen der Labels, auf denen Friedrich Trede und Stephan Michael Braun alias Rhode & Brown schon Tracks veröffentlicht haben, lassen House- und Disco-Herzen höher schlagen.
Seit wann kennt ihr euch überhaupt? Und weshalb habt ihr euch entschieden, zusammen Musik zu machen?
Rhode & Brown: Immer wieder eine gute Geschichte. Das war 2009. Wir hatten damals beide schon unabhängig voneinander an der ein oder anderen Stelle aufgelegt. Ich hatte angefangen mit Timecode-Platten aufzulegen, wollte aber zusätzlich noch CD-Player für Zuhause haben. Ein gemeinsamer Freund – der uns tatsächlich beide dazu inspiriert hatte, überhaupt mit dem Auflegen anzufangen, ohne dass wir voneinander wussten – wusste, dass Stephan einen CD-Player verkaufen wollte.
Nachdem uns dieser Freund über Facebook connected hatte, haben Stephan und ich einen Deal ausgehandelt und uns am nächsten Tag zur Übergabe verabredet. Als ich dann den CD-Player Zuhause ausgepackt hatte, bemerkte ich, dass es das falsche Modell war. Ich dachte, Stephan wolle mich linken! Darauf hin gab’s erstmal ein paar Hass-Nachrichten, die wir witziger Weise vor ein paar Tagen mal wieder aus den Tiefen Facebooks ausgegraben haben.
Kurz gefasst: Stephan wollte mich gar nicht abziehen. Wir haben uns wieder getroffen und ich habe mein Geld zurückbekommen. Als wir dann ein bisschen gequatscht haben, bemerkten wir schnell, dass wir einen ähnlichen Musikgeschmack haben und uns eigentlich ziemlich gut verstehen. Danach sind wir in Kontakt geblieben.
Im selben Jahr gab es auch noch ein DJ-Battle – bitte nicht näher nachfragen – an dem man nur zu zweit mitmachen konnte. Da haben wir uns dann entschieden, das zusammen zu machen. Damit waren wir als Duo geboren und die Dinge haben ihren Lauf genommen. Mit dem Produzieren von eigener Musik haben wir Mitte/Ende 2010 angefangen.
Euer Sound ist sehr stark vom New-York-House der Neunziger inspiriert. Wir kommt das?
Rhode & Brown: Wir würden gar nicht ausschliesslich sagen, dass es der New-York-House-Sound per se ist. Klar, viele Nummer haben diesen Classic House Vibe, aber da steckt auch French Filter House, Chicago oder Disco mit drin. Mal mehr mal weniger Sample-basiert. Auf anderen Nummern sind wir eher von poppigen bis wave’igen 80s-Stücken inspiriert.
Und auf unserer neuen Wave 100 EP steckt sicherlich auch ein Italo-House Bezug mit drin. Am Ende legen wir uns im Studio nicht fest und sagen: «Ich will genau dies oder jenes produzieren.» Aber man ist natürlich inspiriert von den Sachen, die man sowohl privat hört, als auch im Club auflegt. Und das reicht bei uns meist weit über House- und Techno-Musik hinaus.
München und Toy Tonics sind fest miteinander verbunden. Es wirkt von aussen wie eine grosse Musikfamilie. Täuscht dieser Eindruck?
Rhode & Brown: Das stimmt. Wobei man sagen muss, dass ausser den Label-Jungs, COEO und uns, keiner der Künstler aus München kommt. Die sind alle über die ganze Welt verteilt, was das Label besonders spannend macht. Das heisst aber, dass ein regelmässiger Austausch unter allen Künstlern schwieriger ist. Soweit wir wissen, soll es in Zukunft aber mehr Label-Showcases geben, an denen man gemeinsam auflegt, sie aber auch nutzt, um abzuhängen oder die eine oder andere Kollabo entstehen zu lassen. Da freuen wir uns schon sehr drauf!
Mit COEO habt ihr besonders viel gemeinsam. Dieselbe Heimatstadt, dasselbe Label sowie die geteilte Faszination für einen ähnlichen Sound. Ist das Zufall, oder gibt es dafür eine Erklärung?
Rhode & Brown: Wir kennen Flo und Andi schon ziemlich lange. Um genau zu sein 9 Jahre. Die beiden Jungs haben damals auch an dem erwähnten DJ-Battle teilgenommen. So haben wir uns kennengelernt und sind seitdem immer in Kontakt geblieben. Mittlerweile teilen wir uns auch dasselbe Studio in der Münchner Innenstadt und sind gut befreundet. Das hat sicherlich Einfluss auf den Sound, den wir produzieren. Vielleicht ist es aber auch einfach nur der Zeitgeist, wer weiss.
Euer Label Slam City Jams gibt es schon seit 2016. Weshalb habt ihr erst jetzt zum ersten Mal eigene Musik darauf veröffentlicht?
Rhode & Brown: Dafür gibt es zwei Gründe. Wir hatten schon lange die Idee, ein eigenes Label zu starten, haben es aber lange nicht umgesetzt. Dann sind wir über die Musik der beiden Künstler Gonima und Kassett gestolpert, und wussten, dass wir das unbedingt veröffentlichen wollen. Deren Musik war also quasi der Grund, weshalb aus unserem Hirngespinst Realität wurde. Dementsprechend waren die ersten beiden Platten auch von den Jungs. Zum anderen waren wir mit der ersten eigenen Platte auf dem eigenen Label so perfektionistisch, dass wir an der Wave 100 EP tatsächlich fast zwei Jahre gearbeitet haben. Die Zeit wollten wir uns einfach nehmen. Das ist ein Luxus, den man in der Regel auch nur auf dem eigenen Label hat. Man muss aber sagen, dass wir bereits auf der Slam City Jams Vol. 1 gemeinsam mit unserem Kumpel Leo Wölfel aufgetaucht sind.
Wie geht ihr beim Produzieren vor? Setzt ihr euch zusammen hin oder arbeitet ihr unabhängig voneinander an Tracks?
Rhode & Brown: In der Regel arbeiten wir meist jeder für sich an Stücken. Wir schicken uns Parts oder Skizzen zu und arbeiten dann daran weiter. Wenn ein erstes Arrangement oder eine gute Idee steht, gehen wir zusammen ins Studio. Dort basteln wir weiter, machen das Arrangement fertig und mischen ab. Unserer Erfahrung nach war es immer schwierig, zu zweit vor einem weissen Blatt Papier zu sitzen und gemeinsam einen Track «from scratch» anzufangen. Die aktuelle Vorgehensweise hat sich über die Jahre bewährt. Aufs neue Jahr hin haben wir aber beide unsere Day Jobs auf Teilzeit reduziert. Dadurch werden wir definitiv mehr Zeit gemeinsam im Studio verbringen. Also vielleicht wird unsere Antwort auf diese Frage in einem Jahr anders ausfallen.
Was macht euch mehr Spass? Produzieren oder Auflegen?
Rhode & Brown: Oh, gemeine Frage! Die können wir so gar nicht beantworten. Das sind zwei völlig unterschiedliche Situationen, die wir beide zu gleichen Teilen lieben. Für uns würde es das Eine ohne das Andere nicht geben. Die Mischung aus beidem ist das, was uns seit jeher Spass macht – und zwar immer wieder aufs Neue. Aber es gibt auf jeden Fall Phasen, in denen wir mehr Bock aufs Auflegen haben. Und darauf folgen dann Wochen, in denen wir inspiriert durch die Zeit davor am liebsten Tag und Nacht Tracks produzieren würden.
München und St.Gallen sind gar nicht so weit voneinander entfernt. Wart ihr vorher schon einmal in St.Gallen? Wenn ja, weshalb? Und was sind eure Erwartungen?
Rhode & Brown: Wir waren tatsächlich noch nie in St.Gallen und das wird auch unser erster Gig in der Schweiz überhaupt. Daher sind wir voller Vorfreude und gleichzeitig frei von Erwartungen. Wir lassen uns da gerne überraschen.
Titelbild: Rhode & Brown by Press
Am 1. Dezember spielen Rhode & Brown an der 10. Boost in der Stickerei in St. Gallen.
Dieser Artikel wurde bei Boost und 45rpm.ch veröffentlicht. Die Party-Reihe Boost hat sich einen Namen mit spannenden Bookings fernab des Mainstreams gemacht. Crossposting ermöglicht es Beiträge verschiedenen Communities bereit zu stellen, um gemeinsame Interessen zu fördern.